Hexenforum hinterm Schwarzdorn
Redewendungen Teil II
"Fersengeld geben" Was hat die Ferse, die ja schon seit Achilles sprichwörtlich ist, mit Geld zu tun? Die Redewendung ist seit dem 13. Jahrhundert belegt, denn im "Sachsenspiegel", dem ältesten deutschen Rechtsbuch, ist die Rede von "versen pennige" als Abgabe bei der Ehescheidung. Eine Scheidung war im kirchlichen Recht nicht vorgesehen, aber nach altem wendischem Recht konnte das Verlassen des Mannes durch die Ehefrau mit der Zahlung von "versnegelt" abgegolten werden. Möglicherweise geht es hier um die Zahlung in Naturalien, denn eine junge Kuh nennt man auch heute noch Färse. Eine andere Deutung des Spruches bezieht sich auf seine ganz direkte, wörtliche Aussage. Wer Fersengeld gibt, von dem sieht man die Fersen, wenn er flieht. Der alemannische Rechtsbrauch des Strafgeldes für Deserteure könnte hier Pate gestanden haben, denn danach musste der, welcher seine Leute in Gefahr verließ, eine saftige Strafe zahlen. "Zu Kreuze kriechen" Das Leben der Menschen im Mittelalter war sehr viel jenseitsbezogener als heute. Damals war das wichtigste Lebensziel, nach dem Tod in den Himmel zu kommen. Um dafür sündenfrei zu sein, nahm man teilweise erstaunliche Bußen auf sich. Wallfahrten zu weit entfernten Reliquien von populären Heiligen waren äußerst beliebt, aber auch Selbstkasteiungen bis hin zu den legendären Geißlerprozessionen. Als vergleichsweise milde Form der Buße war es üblich, am Karfreitag im Gedenken an die Kreuzigung Christi sich dem vor dem Altar aufgestellten Kruzifix auf den Knien rutschend zu nähern. Dieser Brauch ist noch in Form eines symbolischen Kniefalls der Gläubigen vor dem Kreuz lebendig, während sich der Priester auch heute noch bei der sogenannten Prostratio vor dem Kreuz zu Boden wirft. "Etwas auf die hohe Kante legen" Adlige Burgbewohner hatten im Mittelalter meist ein Kastenbett mit hohen Seitenwänden und einem flachen Dach. Die damaligen Betten hatten so hohe Seitenteile, dass wir heute noch davon sprechen, "ins Bett zu steigen". Bei den Bauern wurden später Himmelbetten Mode, die einen Baldachin aus Stoff und Gardinen rundherum hatten. Himmel und Vorhänge sollten, genauso wie die Kastenbetten, verhindern, dass unter der Zimmerdecke krabbelndes Ungeziefer wie Wanzen und Spinnen sich ins Bett fallen ließ. Auch wollte man die Kälte in den ungeheizten Schlafzimmern ungern in die Schlafstatt und gleichzeitig die Wärme hinauslassen. Oben am Baldachin gab es an der Innenseite meist ein umlaufendes schmales Brett, auf dem man Erspartes "auf die hohe Kante" legen konnte, ein vermeintlich sicherer Aufbewahrungsort. Da dieses Versteck aber sogar Gegenstand einer Redensart geworden ist, darf bezweifelt werden, dass hier die Wertsachen wirklich sicher aufgehoben waren. "Da brat mir einer einen Storch!" Die mittelalterliche Küche war im Vergleich zu heutigen Ernährungsgewohnheiten eher fleischarm. Getreide spielte als Grundnahrungsmittel eine große Rolle und wurde zu Brei, Grütze und Brot verarbeitet. Fleisch lieferte das Schwein, nicht so sehr das Rind. In der Küche damals wurden aber auch Tiere zubereitet, die dem heutigen Gaumen als völlig ungenießbar erschienen wären, zum Beispiel Igel oder Siebenschläfer. Neben Hühnern, Gänsen und Enten wurden auch Schwäne, Pfauen, Wachteln, Kraniche, Singvögel, ja überhaupt jede Vogelart, die man fangen konnte, verzehrt. Aber es gab auch Tiere, deren Genuss untersagt war. Nach einer alttestamentlichen Speisevorschrift darf zum Beispiel der Storch, ebenso wie Reiher, Rabe und Schwalbe, nicht gegessen werden. Dieses Verbot nahm man auch im Mittelalter ernst, zumal der Storch ja nach der Legende auch die kleinen Kinder brachte. Einen Storch zu braten, hätte große Entrüstung hervorgerufen. "Dahin gehen, wo der Pfeffer wächst" Die einfachen Leute im Mittelalter würzten ihre Speisen natürlich mit einheimischen Gewürzpflanzen wie Senf. Weil Senfbrühe wie heute Ketchup über alle möglichen Speisen gegeben wurde, sagt man heute noch, dass jemand "seinen Senf dazu gibt", wenn er sich in etwas einmischt. Pfeffer als exotisches Gewürz war vor allem wegen seines langen Transportweges sehr teuer. Das Land, aus dem der Pfeffer importiert wurde, war Indien, das für damalige Verhältnisse unvorstellbar weit entfernt war, also die richtige Gegend, um jemanden dorthin zu wünschen, wenn man ihn nie wieder sehen wollte. Pfeffer war so kostbar, dass man ihn auch als Zahlungsmittel benutzte - er war zeitweise sogar mehr wert als Gold. Erst gegen Zahlung von 3000 Pfund Pfeffer soll der Westgoten-König Alarich um 408 die Belagerung von Rom aufgehoben haben. Im Mittelalter beglich man mit Pfeffer Steuern und Zölle, sein Genuss bedeutete soziales Renommee, und wirklich reiche Leute gebrauchten das teure Gewürz verschwenderisch, um ihren Reichtum zu zeigen. Die Schärfe des Pfeffers trieb damals schon Tränen in die Augen, ähnlich wie hohe Rechnungen, weshalb man auch damals schon von "gepfefferten Preisen" sprach. "Süßholz raspeln" Zucker war im Mittelalter ein seltenes Luxusgewürz der Reichen, ähnlich wie Salz und Pfeffer. Das gemeine Volk verwendete Honig zum Süßen. Dabei war es bis ins Mittelalter nicht so einfach, schmerzlos an diesen Rohstoff heran zu kommen. Erst im 14. Jahrhundert wurde die Honiggewinnung professioneller betrieben. 1747 wurde die Zuckerrübe als Lieferant entdeckt. Und was schenkte der Galan der Umworbenen im Mittelalter? Er schabte oder raspelte den zuckerhaltigen Wurzelstock des Spanischen Süßholzes, um seiner "Süßen" ein Geschenk zu machen, dem sie nicht widerstehen konnte. "Den Nagel auf den Kopf treffen" Auf den ersten Blick könnte diese Redewendung aus der Zimmermannssprache kommen. Hier geht es jedoch um den Nagel, der früher den Mittelpunkt einer Zielscheibe bildete. Wo sich heute ein schwarzer Punkt mit einer 12 befindet, war auf historischen Scheiben ein Nagel eingeschlagen. Wer diesen Nagel auf den Kopf traf, hatte also genau ins Schwarze getroffen. Im Mittelhochdeutschen war das Wort für Nagel "zwec", und später wurde der Nagel in der Zielscheibe "Zwecke" genannt, woraus sich unser Begriff "Zweck" entwickelt hat. "Auf keinen grünen Zweig kommen" Im Mittelalter waren symbolische Handlungen wichtig, die einen rechtlichen Vorgang gültig machten. Sie standen meist in einem metaphorischen Zusammenhang mit dem betreffenden Akt. So wurde beim Landverkauf die Übergabe des Grundstücks durch die Überreichung eines grünen Zweiges, der in eine Erdscholle vom verkauften Boden gesteckt war, vom Vorbesitzer zum Erwerber begleitet. Wer also auf keinen grünen Zweig kam, hatte keinen Grund und Boden, war kein freier Bauer, sondern ein landloser Tagelöhner. "Sich aus dem Staub machen" Beim Buhurt, dem ritterlichen Kampfspiel, aber auch bei den Ritterschlachten wurden durch die ständigen Richtungswechsel und Wendemanöver mit den schweren Pferden eine Menge Staub aufgewirbelt. In dieser Staubwolke konnte so mancher Kriegsknecht, dem sein Leben lieber war als die dem einfachen Mann meist unbekannten Kriegsziele seines Königs, unbemerkt "das Weite suchen", denn die anderen Beteiligen waren einerseits selbst mit ihrem Überleben beschäftigt, andererseits war ihnen wegen der Staubwolke der Überblick erschwert. Fahnenflucht war natürlich für die Ritter kein Thema, gehörte doch Verlässlichkeit zu ihren ritterlichen Tugenden, auf die sie ihr Leben lang eingeschworen worden waren. "Etwas anzetteln" Mit dem Zettel aus Papier hat dieser Ausdruck nichts zu tun. Er kommt aus dem Vokabular der Weber. Wenn ein neues Gewebe begonnen werden sollte, mussten zuerst die Längsfäden im Webstuhl oder Webrahmen aufgespannt werden. Diese Längsfäden wurden "Zettel" genannt. Wenn man mit den Vorbereitungen einer Arbeit begann, zettelte man also etwas an. Gerieten die Fäden aber durcheinander, "verzettelte" man sich. Ursprünglich war die Redewendung sowohl positiv als auch negativ im Gebrauch, heute versteht man unter Anzetteln die Vorbereitung einer strafbaren Handlung. Nach getaner Arbeit überprüfte der Meister sowohl "Strich" als auch "Faden" des vollendeten Gewebes, und dieser Test "nach Strich und Faden" war eine wichtige Qualitätskontrolle. "Ein Auge zudrücken" In einer alten bäuerlichen Rechtssatzung stand, ein Richter solle "einen einäugigen Büttel auf einem einäugigen Pferd" zu einem Beschuldigten schicken, wenn er diesem gegenüber andeuten wolle, dass er unter Umständen Gnade vor Recht ergehen lassen werde. Einmal abgesehen von der Schwierigkeit, beides aufzutreiben, ist die Logik des Vorgangs nicht so recht nachvollziehbar. "Ein Brett vor dem Kopf haben" Im Mittelalter wurden als Zugtiere hauptsächlich Ochsen eingesetzt, Rinder, die im Gegensatz zu Stieren und Bullen kastriert waren. Sie waren stark, genügsam und relativ gutmütig. Trotzdem musste man aufpassen, dass die Tiere nicht scheuten, denn dann waren sie aufgrund ihrer Stärke nur schwer unter Kontrolle zu bekommen. Möglicherweise ist das Brett vor dem Kopf eine Art Scheuklappe gewesen, die störrischen Ochsen vor die Augen gehängt wurde. Mit dem besagten Brett könnte aber auch das Stirnjoch gemeint sein - bis zum hohen Mittelalter, als das Kummet erfunden wurde, setzten die Bauern die Kraft der Ochsen hauptsächlich über ein vor die Hörner gelegtes hölzernes Joch um. Die Redewendung "an der Nase herumführen" kommt übrigens auch aus diesem Zusammenhang. Den Ochsen, vor allem aber den unberechenbaren Zuchtstieren wurde ein Ring durch die Nase gezogen, mit dem sie gelenkt werden konnten, denn jeder Widerstand verursachte heftige Schmerzen. "Eine Lanze brechen" Diese Redewendung lautet korrekt "eine Lanze einlegen" und entstammt dem mittelalterlichen Turnierwesen. Wenn man sich im Kampfgetümmel für einen Freund einsetzte, legte man seine Lanze ein - das bedeutet, man klemmte sie sich zwischen rechten Oberarm und rechten Brustpanzer, wo zu diesem Zweck meist ein passender Haken angebracht war - und ritt auf den betreffenden Gegner los. Bei diesen durchaus brutalen Zweikämpfen riskierte man den Bruch seiner Lanze, was die andere Version erklären mag. Heute legt man, statt einer Lanze, ein gutes Wort ein. Das Wort "Lanze" wurde erst ab 1200 als Lehnwort aus dem Französischen benutzt, im Mittelhochdeutschen hieß sie "sper". "Jemanden schröpfen" Die Lehre von den vier Säften - gelbe Galle, schwarze Galle, Blut und Schleim - beherrschte die Medizin des Mittelalters. Mit diesen angeblich alles entscheidenden Körperflüssigkeiten beschäftigte man sich, wenn es galt, eine Krankheit zu bekämpfen. Zu den routinemäßigen Behandlungstechniken gehörte das Schröpfen. Dabei versuchte der Bader, Schadstoffe durch die Haut aus dem Körper zu saugen. Auch die Redewendung "Jemanden zur Ader lassen" hat sich bis heute in einem ähnlichen Sinn erhalten. Auch für den Aderlass war der Bader zuständig. Aus der Armvene wurde Blut in erheblicher Menge entnommen, weil man annahm, das Gleichgewicht der vier Säfte sei gestört und müsse wieder hergestellt werden, oder "schlechtes" Blut müsse entfernt werden. So ein Aderlass hatte nur selten therapeutische Wirkung. Erstaunlicherweise hat er sich aber als "Allheilmittel" sehr lange gehalten, obwohl die Patienten sich danach nicht wohler, sondern schwächer fühlten. Dass sie den Bader dennoch bezahlen mussten, hat sicher zum negativen Sinn dieser Redewendung beigetragen. "Jetzt schlägt's 13" Eine Uhr steht nie auf der Dreizehn, eine Glocke schlägt nie dreizehn Mal. Wie kommt es dennoch zu diesem Ausdruck? Die Zahl Zwölf galt in der Zahlensymbolik als universell, denn sie ist das Produkt aus der heiligen Zahl Drei, und der weltlichen Vier, der Anzahl der Himmelsrichtungen. Es gibt zwölf Apostel, zwölf Monate, zwölf Tierkreiszeichen zwölf Propheten. Die Dreizehn war das "Dutzend des Teufels". Sie galt deshalb als gefährlichste Zahl, und wenn sie auftauchte, ging etwas nicht mit rechten Dingen zu. "Mit seinem Latein am Ende sein" Die lateinische Sprache war, ausgehend von Rom als antiker Weltmacht, die Verkehrssprache im Mittelalter. Latein war nicht nur die Sprache der Kirche, sondern an den seit dem 13. Jahrhundert gegründeten Universitäten auch die Sprache der Wissenschaft, die unter dem Einfluss der Kirche stand. So wurde sowohl die Medizin als auch die Juristerei meist unter theologischen Aspekten ausgeübt. In der Medizin ist auch heute noch die lateinische Terminologie, ergänzt durch altgriechisches Vokabular, im Gebrauch. Für den einfachen Mann war diese Sprache unverständlich; im Gottesdienst, vor Gericht und auch beim Arzt. Erkannte ein Arzt eine Krankheit nicht, entstand daraus die Redewendung: Er ist mit seinem Latein am Ende. "Den Kürzeren ziehen" Gottesurteile waren im Mittelalter weit verbreitet. Die Menschen waren erheblich religiöser als heute und sahen in allem Möglichen das persönliche Eingreifen Gottes. Das Los-Verfahren wurde ernsthaft eingesetzt, wenn die Entscheidung über gut und böse nach menschlichem Ermessen nicht möglich war. Dann konnte das Losen mit Halmen, Stroh und Holzstäbchen nach damaliger Auffassung Aufschluss darüber geben, was Gott für die richtige Lösung hielt. Dabei konnte es natürlich auch zu einem negativen Numerus clausus kommen, indem der, der den kürzesten Strohhalm zog, im Unrecht war. "Etwas auf dem Kerbholz haben" Zu Zeiten, als noch viele Menschen nicht lesen und schreiben konnten und es deshalb noch keine Verträge und Quittungen gab, war das Kerbholz das wichtigste Hilfsmittel für das Aufzeichnen von Lieferungen und Arbeitsleistungen. Das Kerbholz war eigentlich gar kein einzelnes Holz. Es bestand aus zwei aufeinander passenden Hölzern, also zwei Holzlatten, von denen sich eine im Besitz des Schuldners und das Gegenstück in der Obhut des Gläubigers befand. Erhielt zum Beispiel ein Käufer einen Kredit, so wurden auf den nebeneinander gelegten Hölzern durchgehende Kerben eingeschnitten, geritzt oder gebrannt. Oder das Kerbholz wurde erst nach dem Einkerben gespalten und jeder Partner erhielt einen der beiden Teile. Nach Bezahlung der Schuld wurde auf den beiden Hölzern mit einem Messerschnitt "abgekerbt". Da meist Schulden auf dem Kerbholz gestanden haben werden, hat das zum negativen Unterton dieser Redensart geführt. "Holzauge, sei wachsam!" Beim Hobeln muss man aufpassen: Ansätze von Ästen, auch Augen genannt, sind härter als das umgebende Holz. Die Klinge des Hobels könnte an ihnen Schaden nehmen. Daher der Warnruf: "Ein Holzauge! Sei wachsam!" Holzaugen gab es aber auch als eine spezielle Form von Scharten in Burgen: In der Maueröffnung steckten hölzerne Kugeln, die in der Mitte ein Loch hatten. Durch dieses konnte beobachtet, aber auch gekämpft werden. "Steinreich sein" Im Mittelalter wurden die Häuser der einfachen Leute aus Holz gebaut - Fachwerkhäuser eben, wobei "Fach" ein alter Ausdruck für Wand ist, enthalten auch in "Unter Dach und Fach". Nur Reiche konnten sich Steine aus Steinbrüchen leisten, die behauen werden mussten und deshalb teuer waren. Reich war im Mittelalter der Adel, dem das Land gehörte. Er bevorzugte es, in Steinhäusern zu residieren, denn nur Häuser mit steinernen Wänden waren so stabil, dass sie auch einem Überfall von Feinden standhalten konnten. Aus diesen festen Häusern, oft in Turmform erbaut, entwickelten sich die Burgen. Als auch die Bürger im späten Mittelalter zu Wohlstand kamen, konnten sie sich ebenfalls prächtige Steinhäuser leisten. Sie waren "steinreich". "Als Prügelknabe herhalten" Als König Konrad IV. von Hohenstaufen (1228 - 1254) noch ein Junge war, soll einer seiner Kameraden für die Verfehlungen Konrads bestraft worden sein. In Frankreich bekam ein junger Husar für Delikte des jungen Ludwig XV. die Hiebe. Auch in England durfte zu jener Zeit an Adeligen die Prügelstrafe nicht vollzogen werden. Stattdessen musste ein Gleichaltriger vor den Augen des Missetäters die Schläge über sich ergehen lassen. Man nannte ihn "whipping-boy" - Peitschenjunge". Über Konrad den Hohenstaufen wird übrigens gesagt, dass er sich fürderhin große Mühe gegeben hatte, nicht straffällig zu werden, weil er es nicht habe ertragen können, dass ein Unschuldiger an seiner Statt geschlagen wurde. "Das Wasser abgraben" Höhenburgen waren meist durch ihre steile Lage vor feindlichen Attacken geschützt. Bei den Burgen in der Ebene mussten sich die Baumeister etwas anderes einfallen lassen, um Angreifer auf Abstand zu halten. Man umgab die Burgen mit einer Sperre, die gerade gepanzerte Krieger nur sehr mühsam überwinden konnten: mit einem Wassergraben. Er verwandelte die Burg in eine Insel. Ihre Mauern zu attackieren, war fast unmöglich, denn im Wasser konnte kein Belagerungsturm errichtet werden. Die Lösung war, das Wasser zu entfernen. Wenn die Umgebung es zuließ, konnte man einen Kanal graben, das Wasser floss ab und die Burg stand auf dem Trockenen. Möglicherweise deutet die Redewendung auch auf die - für Burgbewohner höchst gefährliche - Methode hin, der Burg, wenn sie keinen eigenen Brunnen innerhalb der Burgmauern besaß, das Trinkwasser abzuleiten. Eine dritte Erklärung lautet, dass ein Müller ruiniert war, wenn der Graben, der Wasser auf sein Mühlrad brachte, angestochen wurde - von der Konkurrenz womöglich - und auslief. "Die Katze im Sack kaufen" Auf mittelalterlichen Märkten wurden Ferkel, Hühner oder Kaninchen zum Abtransport durch den Käufer in einen Sack gesteckt. Des öfteren kam es vor, dass ein betrügerischer Verkäufer etwas Minderwertigeres, zum Beispiel eine hergelaufene Katze, in den Sack steckte. "In die Bresche springen" Wie erobert man eine Burg? Man macht ein Loch in die Mauer. Eine solche Gewaltanwendung nannte man "Bresche" (aus dem Französischen: breche = Öffnung, Spalt). Bevor man daran ging, die Öffnung wieder mit Baumaterial zu verschließen, musste jemand die unerwünschten Gäste aufhalten. Wenn die Öffnung zu Beginn noch relativ schmal war, sprang ein Ritter in die Bresche, der den Engpass wie ein wehrhafter eiserner Korken unpassierbar machte. "Das Heft in der Hand haben" "Heft" nannte man ursprünglich die Halterung oder den Griff eines Schwertes oder Dolches. Es ist einleuchtend, dass sich aus der Position, ein Schwert am Griff halten zu dürfen, im übertragenen Sinn ein Begriff für "Gewalt und Macht haben" bildete.
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Redewendungen Teil II
"Fersengeld geben" Was hat die Ferse, die ja schon seit Achilles sprichwörtlich ist, mit Geld zu tun? Die Redewendung ist seit dem 13. Jahrhundert belegt, denn im "Sachsenspiegel", dem ältesten deutschen Rechtsbuch, ist die Rede von "versen pennige" als Abgabe bei der Ehescheidung. Eine Scheidung war im kirchlichen Recht nicht vorgesehen, aber nach altem wendischem Recht konnte das Verlassen des Mannes durch die Ehefrau mit der Zahlung von "versnegelt" abgegolten werden. Möglicherweise geht es hier um die Zahlung in Naturalien, denn eine junge Kuh nennt man auch heute noch Färse. Eine andere Deutung des Spruches bezieht sich auf seine ganz direkte, wörtliche Aussage. Wer Fersengeld gibt, von dem sieht man die Fersen, wenn er flieht. Der alemannische Rechtsbrauch des Strafgeldes für Deserteure könnte hier Pate gestanden haben, denn danach musste der, welcher seine Leute in Gefahr verließ, eine saftige Strafe zahlen. "Zu Kreuze kriechen" Das Leben der Menschen im Mittelalter war sehr viel jenseitsbezogener als heute. Damals war das wichtigste Lebensziel, nach dem Tod in den Himmel zu kommen. Um dafür sündenfrei zu sein, nahm man teilweise erstaunliche Bußen auf sich. Wallfahrten zu weit entfernten Reliquien von populären Heiligen waren äußerst beliebt, aber auch Selbstkasteiungen bis hin zu den legendären Geißlerprozessionen. Als vergleichsweise milde Form der Buße war es üblich, am Karfreitag im Gedenken an die Kreuzigung Christi sich dem vor dem Altar aufgestellten Kruzifix auf den Knien rutschend zu nähern. Dieser Brauch ist noch in Form eines symbolischen Kniefalls der Gläubigen vor dem Kreuz lebendig, während sich der Priester auch heute noch bei der sogenannten Prostratio vor dem Kreuz zu Boden wirft. "Etwas auf die hohe Kante legen" Adlige Burgbewohner hatten im Mittelalter meist ein Kastenbett mit hohen Seitenwänden und einem flachen Dach. Die damaligen Betten hatten so hohe Seitenteile, dass wir heute noch davon sprechen, "ins Bett zu steigen". Bei den Bauern wurden später Himmelbetten Mode, die einen Baldachin aus Stoff und Gardinen rundherum hatten. Himmel und Vorhänge sollten, genauso wie die Kastenbetten, verhindern, dass unter der Zimmerdecke krabbelndes Ungeziefer wie Wanzen und Spinnen sich ins Bett fallen ließ. Auch wollte man die Kälte in den ungeheizten Schlafzimmern ungern in die Schlafstatt und gleichzeitig die Wärme hinauslassen. Oben am Baldachin gab es an der Innenseite meist ein umlaufendes schmales Brett, auf dem man Erspartes "auf die hohe Kante" legen konnte, ein vermeintlich sicherer Aufbewahrungsort. Da dieses Versteck aber sogar Gegenstand einer Redensart geworden ist, darf bezweifelt werden, dass hier die Wertsachen wirklich sicher aufgehoben waren. "Da brat mir einer einen Storch!" Die mittelalterliche Küche war im Vergleich zu heutigen Ernährungsgewohnheiten eher fleischarm. Getreide spielte als Grundnahrungsmittel eine große Rolle und wurde zu Brei, Grütze und Brot verarbeitet. Fleisch lieferte das Schwein, nicht so sehr das Rind. In der Küche damals wurden aber auch Tiere zubereitet, die dem heutigen Gaumen als völlig ungenießbar erschienen wären, zum Beispiel Igel oder Siebenschläfer. Neben Hühnern, Gänsen und Enten wurden auch Schwäne, Pfauen, Wachteln, Kraniche, Singvögel, ja überhaupt jede Vogelart, die man fangen konnte, verzehrt. Aber es gab auch Tiere, deren Genuss untersagt war. Nach einer alttestamentlichen Speisevorschrift darf zum Beispiel der Storch, ebenso wie Reiher, Rabe und Schwalbe, nicht gegessen werden. Dieses Verbot nahm man auch im Mittelalter ernst, zumal der Storch ja nach der Legende auch die kleinen Kinder brachte. Einen Storch zu braten, hätte große Entrüstung hervorgerufen. "Dahin gehen, wo der Pfeffer wächst" Die einfachen Leute im Mittelalter würzten ihre Speisen natürlich mit einheimischen Gewürzpflanzen wie Senf. Weil Senfbrühe wie heute Ketchup über alle möglichen Speisen gegeben wurde, sagt man heute noch, dass jemand "seinen Senf dazu gibt", wenn er sich in etwas einmischt. Pfeffer als exotisches Gewürz war vor allem wegen seines langen Transportweges sehr teuer. Das Land, aus dem der Pfeffer importiert wurde, war Indien, das für damalige Verhältnisse unvorstellbar weit entfernt war, also die richtige Gegend, um jemanden dorthin zu wünschen, wenn man ihn nie wieder sehen wollte. Pfeffer war so kostbar, dass man ihn auch als Zahlungsmittel benutzte - er war zeitweise sogar mehr wert als Gold. Erst gegen Zahlung von 3000 Pfund Pfeffer soll der Westgoten- König Alarich um 408 die Belagerung von Rom aufgehoben haben. Im Mittelalter beglich man mit Pfeffer Steuern und Zölle, sein Genuss bedeutete soziales Renommee, und wirklich reiche Leute gebrauchten das teure Gewürz verschwenderisch, um ihren Reichtum zu zeigen. Die Schärfe des Pfeffers trieb damals schon Tränen in die Augen, ähnlich wie hohe Rechnungen, weshalb man auch damals schon von "gepfefferten Preisen" sprach. "Süßholz raspeln" Zucker war im Mittelalter ein seltenes Luxusgewürz der Reichen, ähnlich wie Salz und Pfeffer. Das gemeine Volk verwendete Honig zum Süßen. Dabei war es bis ins Mittelalter nicht so einfach, schmerzlos an diesen Rohstoff heran zu kommen. Erst im 14. Jahrhundert wurde die Honiggewinnung professioneller betrieben. 1747 wurde die Zuckerrübe als Lieferant entdeckt. Und was schenkte der Galan der Umworbenen im Mittelalter? Er schabte oder raspelte den zuckerhaltigen Wurzelstock des Spanischen Süßholzes, um seiner "Süßen" ein Geschenk zu machen, dem sie nicht widerstehen konnte. "Den Nagel auf den Kopf treffen" Auf den ersten Blick könnte diese Redewendung aus der Zimmermannssprache kommen. Hier geht es jedoch um den Nagel, der früher den Mittelpunkt einer Zielscheibe bildete. Wo sich heute ein schwarzer Punkt mit einer 12 befindet, war auf historischen Scheiben ein Nagel eingeschlagen. Wer diesen Nagel auf den Kopf traf, hatte also genau ins Schwarze getroffen. Im Mittelhochdeutschen war das Wort für Nagel "zwec", und später wurde der Nagel in der Zielscheibe "Zwecke" genannt, woraus sich unser Begriff "Zweck" entwickelt hat. "Auf keinen grünen Zweig kommen" Im Mittelalter waren symbolische Handlungen wichtig, die einen rechtlichen Vorgang gültig machten. Sie standen meist in einem metaphorischen Zusammenhang mit dem betreffenden Akt. So wurde beim Landverkauf die Übergabe des Grundstücks durch die Überreichung eines grünen Zweiges, der in eine Erdscholle vom verkauften Boden gesteckt war, vom Vorbesitzer zum Erwerber begleitet. Wer also auf keinen grünen Zweig kam, hatte keinen Grund und Boden, war kein freier Bauer, sondern ein landloser Tagelöhner. "Sich aus dem Staub machen" Beim Buhurt, dem ritterlichen Kampfspiel, aber auch bei den Ritterschlachten wurden durch die ständigen Richtungswechsel und Wendemanöver mit den schweren Pferden eine Menge Staub aufgewirbelt. In dieser Staubwolke konnte so mancher Kriegsknecht, dem sein Leben lieber war als die dem einfachen Mann meist unbekannten Kriegsziele seines Königs, unbemerkt "das Weite suchen", denn die anderen Beteiligen waren einerseits selbst mit ihrem Überleben beschäftigt, andererseits war ihnen wegen der Staubwolke der Überblick erschwert. Fahnenflucht war natürlich für die Ritter kein Thema, gehörte doch Verlässlichkeit zu ihren ritterlichen Tugenden, auf die sie ihr Leben lang eingeschworen worden waren. "Etwas anzetteln" Mit dem Zettel aus Papier hat dieser Ausdruck nichts zu tun. Er kommt aus dem Vokabular der Weber. Wenn ein neues Gewebe begonnen werden sollte, mussten zuerst die Längsfäden im Webstuhl oder Webrahmen aufgespannt werden. Diese Längsfäden wurden "Zettel" genannt. Wenn man mit den Vorbereitungen einer Arbeit begann, zettelte man also etwas an. Gerieten die Fäden aber durcheinander, "verzettelte" man sich. Ursprünglich war die Redewendung sowohl positiv als auch negativ im Gebrauch, heute versteht man unter Anzetteln die Vorbereitung einer strafbaren Handlung. Nach getaner Arbeit überprüfte der Meister sowohl "Strich" als auch "Faden" des vollendeten Gewebes, und dieser Test "nach Strich und Faden" war eine wichtige Qualitätskontrolle. "Ein Auge zudrücken" In einer alten bäuerlichen Rechtssatzung stand, ein Richter solle "einen einäugigen Büttel auf einem einäugigen Pferd" zu einem Beschuldigten schicken, wenn er diesem gegenüber andeuten wolle, dass er unter Umständen Gnade vor Recht ergehen lassen werde. Einmal abgesehen von der Schwierigkeit, beides aufzutreiben, ist die Logik des Vorgangs nicht so recht nachvollziehbar. "Ein Brett vor dem Kopf haben" Im Mittelalter wurden als Zugtiere hauptsächlich Ochsen eingesetzt, Rinder, die im Gegensatz zu Stieren und Bullen kastriert waren. Sie waren stark, genügsam und relativ gutmütig. Trotzdem musste man aufpassen, dass die Tiere nicht scheuten, denn dann waren sie aufgrund ihrer Stärke nur schwer unter Kontrolle zu bekommen. Möglicherweise ist das Brett vor dem Kopf eine Art Scheuklappe gewesen, die störrischen Ochsen vor die Augen gehängt wurde. Mit dem besagten Brett könnte aber auch das Stirnjoch gemeint sein - bis zum hohen Mittelalter, als das Kummet erfunden wurde, setzten die Bauern die Kraft der Ochsen hauptsächlich über ein vor die Hörner gelegtes hölzernes Joch um. Die Redewendung "an der Nase herumführen" kommt übrigens auch aus diesem Zusammenhang. Den Ochsen, vor allem aber den unberechenbaren Zuchtstieren wurde ein Ring durch die Nase gezogen, mit dem sie gelenkt werden konnten, denn jeder Widerstand verursachte heftige Schmerzen. "Eine Lanze brechen" Diese Redewendung lautet korrekt "eine Lanze einlegen" und entstammt dem mittelalterlichen Turnierwesen. Wenn man sich im Kampfgetümmel für einen Freund einsetzte, legte man seine Lanze ein - das bedeutet, man klemmte sie sich zwischen rechten Oberarm und rechten Brustpanzer, wo zu diesem Zweck meist ein passender Haken angebracht war - und ritt auf den betreffenden Gegner los. Bei diesen durchaus brutalen Zweikämpfen riskierte man den Bruch seiner Lanze, was die andere Version erklären mag. Heute legt man, statt einer Lanze, ein gutes Wort ein. Das Wort "Lanze" wurde erst ab 1200 als Lehnwort aus dem Französischen benutzt, im Mittelhochdeutschen hieß sie "sper". "Jemanden schröpfen" Die Lehre von den vier Säften - gelbe Galle, schwarze Galle, Blut und Schleim - beherrschte die Medizin des Mittelalters. Mit diesen angeblich alles entscheidenden Körperflüssigkeiten beschäftigte man sich, wenn es galt, eine Krankheit zu bekämpfen. Zu den routinemäßigen Behandlungstechniken gehörte das Schröpfen. Dabei versuchte der Bader, Schadstoffe durch die Haut aus dem Körper zu saugen. Auch die Redewendung "Jemanden zur Ader lassen" hat sich bis heute in einem ähnlichen Sinn erhalten. Auch für den Aderlass war der Bader zuständig. Aus der Armvene wurde Blut in erheblicher Menge entnommen, weil man annahm, das Gleichgewicht der vier Säfte sei gestört und müsse wieder hergestellt werden, oder "schlechtes" Blut müsse entfernt werden. So ein Aderlass hatte nur selten therapeutische Wirkung. Erstaunlicherweise hat er sich aber als "Allheilmittel" sehr lange gehalten, obwohl die Patienten sich danach nicht wohler, sondern schwächer fühlten. Dass sie den Bader dennoch bezahlen mussten, hat sicher zum negativen Sinn dieser Redewendung beigetragen. "Jetzt schlägt's 13" Eine Uhr steht nie auf der Dreizehn, eine Glocke schlägt nie dreizehn Mal. Wie kommt es dennoch zu diesem Ausdruck? Die Zahl Zwölf galt in der Zahlensymbolik als universell, denn sie ist das Produkt aus der heiligen Zahl Drei, und der weltlichen Vier, der Anzahl der Himmelsrichtungen. Es gibt zwölf Apostel, zwölf Monate, zwölf Tierkreiszeichen zwölf Propheten. Die Dreizehn war das "Dutzend des Teufels". Sie galt deshalb als gefährlichste Zahl, und wenn sie auftauchte, ging etwas nicht mit rechten Dingen zu. "Mit seinem Latein am Ende sein" Die lateinische Sprache war, ausgehend von Rom als antiker Weltmacht, die Verkehrssprache im Mittelalter. Latein war nicht nur die Sprache der Kirche, sondern an den seit dem 13. Jahrhundert gegründeten Universitäten auch die Sprache der Wissenschaft, die unter dem Einfluss der Kirche stand. So wurde sowohl die Medizin als auch die Juristerei meist unter theologischen Aspekten ausgeübt. In der Medizin ist auch heute noch die lateinische Terminologie, ergänzt durch altgriechisches Vokabular, im Gebrauch. Für den einfachen Mann war diese Sprache unverständlich; im Gottesdienst, vor Gericht und auch beim Arzt. Erkannte ein Arzt eine Krankheit nicht, entstand daraus die Redewendung: Er ist mit seinem Latein am Ende. "Den Kürzeren ziehen" Gottesurteile waren im Mittelalter weit verbreitet. Die Menschen waren erheblich religiöser als heute und sahen in allem Möglichen das persönliche Eingreifen Gottes. Das Los-Verfahren wurde ernsthaft eingesetzt, wenn die Entscheidung über gut und böse nach menschlichem Ermessen nicht möglich war. Dann konnte das Losen mit Halmen, Stroh und Holzstäbchen nach damaliger Auffassung Aufschluss darüber geben, was Gott für die richtige Lösung hielt. Dabei konnte es natürlich auch zu einem negativen Numerus clausus kommen, indem der, der den kürzesten Strohhalm zog, im Unrecht war. "Etwas auf dem Kerbholz haben" Zu Zeiten, als noch viele Menschen nicht lesen und schreiben konnten und es deshalb noch keine Verträge und Quittungen gab, war das Kerbholz das wichtigste Hilfsmittel für das Aufzeichnen von Lieferungen und Arbeitsleistungen. Das Kerbholz war eigentlich gar kein einzelnes Holz. Es bestand aus zwei aufeinander passenden Hölzern, also zwei Holzlatten, von denen sich eine im Besitz des Schuldners und das Gegenstück in der Obhut des Gläubigers befand. Erhielt zum Beispiel ein Käufer einen Kredit, so wurden auf den nebeneinander gelegten Hölzern durchgehende Kerben eingeschnitten, geritzt oder gebrannt. Oder das Kerbholz wurde erst nach dem Einkerben gespalten und jeder Partner erhielt einen der beiden Teile. Nach Bezahlung der Schuld wurde auf den beiden Hölzern mit einem Messerschnitt "abgekerbt". Da meist Schulden auf dem Kerbholz gestanden haben werden, hat das zum negativen Unterton dieser Redensart geführt. "Holzauge, sei wachsam!" Beim Hobeln muss man aufpassen: Ansätze von Ästen, auch Augen genannt, sind härter als das umgebende Holz. Die Klinge des Hobels könnte an ihnen Schaden nehmen. Daher der Warnruf: "Ein Holzauge! Sei wachsam!" Holzaugen gab es aber auch als eine spezielle Form von Scharten in Burgen: In der Maueröffnung steckten hölzerne Kugeln, die in der Mitte ein Loch hatten. Durch dieses konnte beobachtet, aber auch gekämpft werden. "Steinreich sein" Im Mittelalter wurden die Häuser der einfachen Leute aus Holz gebaut - Fachwerkhäuser eben, wobei "Fach" ein alter Ausdruck für Wand ist, enthalten auch in "Unter Dach und Fach". Nur Reiche konnten sich Steine aus Steinbrüchen leisten, die behauen werden mussten und deshalb teuer waren. Reich war im Mittelalter der Adel, dem das Land gehörte. Er bevorzugte es, in Steinhäusern zu residieren, denn nur Häuser mit steinernen Wänden waren so stabil, dass sie auch einem Überfall von Feinden standhalten konnten. Aus diesen festen Häusern, oft in Turmform erbaut, entwickelten sich die Burgen. Als auch die Bürger im späten Mittelalter zu Wohlstand kamen, konnten sie sich ebenfalls prächtige Steinhäuser leisten. Sie waren "steinreich". "Als Prügelknabe herhalten" Als König Konrad IV. von Hohenstaufen (1228 - 1254) noch ein Junge war, soll einer seiner Kameraden für die Verfehlungen Konrads bestraft worden sein. In Frankreich bekam ein junger Husar für Delikte des jungen Ludwig XV. die Hiebe. Auch in England durfte zu jener Zeit an Adeligen die Prügelstrafe nicht vollzogen werden. Stattdessen musste ein Gleichaltriger vor den Augen des Missetäters die Schläge über sich ergehen lassen. Man nannte ihn "whipping-boy" - Peitschenjunge". Über Konrad den Hohenstaufen wird übrigens gesagt, dass er sich fürderhin große Mühe gegeben hatte, nicht straffällig zu werden, weil er es nicht habe ertragen können, dass ein Unschuldiger an seiner Statt geschlagen wurde. "Das Wasser abgraben" Höhenburgen waren meist durch ihre steile Lage vor feindlichen Attacken geschützt. Bei den Burgen in der Ebene mussten sich die Baumeister etwas anderes einfallen lassen, um Angreifer auf Abstand zu halten. Man umgab die Burgen mit einer Sperre, die gerade gepanzerte Krieger nur sehr mühsam überwinden konnten: mit einem Wassergraben. Er verwandelte die Burg in eine Insel. Ihre Mauern zu attackieren, war fast unmöglich, denn im Wasser konnte kein Belagerungsturm errichtet werden. Die Lösung war, das Wasser zu entfernen. Wenn die Umgebung es zuließ, konnte man einen Kanal graben, das Wasser floss ab und die Burg stand auf dem Trockenen. Möglicherweise deutet die Redewendung auch auf die - für Burgbewohner höchst gefährliche - Methode hin, der Burg, wenn sie keinen eigenen Brunnen innerhalb der Burgmauern besaß, das Trinkwasser abzuleiten. Eine dritte Erklärung lautet, dass ein Müller ruiniert war, wenn der Graben, der Wasser auf sein Mühlrad brachte, angestochen wurde - von der Konkurrenz womöglich - und auslief. "Die Katze im Sack kaufen" Auf mittelalterlichen Märkten wurden Ferkel, Hühner oder Kaninchen zum Abtransport durch den Käufer in einen Sack gesteckt. Des öfteren kam es vor, dass ein betrügerischer Verkäufer etwas Minderwertigeres, zum Beispiel eine hergelaufene Katze, in den Sack steckte. "In die Bresche springen" Wie erobert man eine Burg? Man macht ein Loch in die Mauer. Eine solche Gewaltanwendung nannte man "Bresche" (aus dem Französischen: breche = Öffnung, Spalt). Bevor man daran ging, die Öffnung wieder mit Baumaterial zu verschließen, musste jemand die unerwünschten Gäste aufhalten. Wenn die Öffnung zu Beginn noch relativ schmal war, sprang ein Ritter in die Bresche, der den Engpass wie ein wehrhafter eiserner Korken unpassierbar machte. "Das Heft in der Hand haben" "Heft" nannte man ursprünglich die Halterung oder den Griff eines Schwertes oder Dolches. Es ist einleuchtend, dass sich aus der Position, ein Schwert am Griff halten zu dürfen, im übertragenen Sinn ein Begriff für "Gewalt und Macht haben" bildete.